[uv]magazin:Herr Dr. Müller, nehmen wir den Kern vorweg: Was können Unternehmer aus Ihren Erfahrungen in Krisenfällen konkret lernen?
Dr. Thomas Müller, Geschäftsführer und Leiter conQuaesso Personalberatung:  Ich möchte drei Dinge nennen: Erstens, warten Sie nicht, bis die Krise da ist. Frühzeitige Transformation ist die beste Sanierungsprävention. Zweitens, holen Sie frühzeitig die relevanten Parteien an einen Tisch. Zusammenarbeit erhöht die Chancen auf eine tragfähige Lösung. Und drittens, sehen Sie Personal nicht nur als Kostenfaktor, sondern als Erfolgsfaktor. Ob transformieren oder sanieren: Ohne die richtigen Menschen in Schlüsselpositionen wird es keine nachhaltige Lösung geben.

Herr Meng, nicht jede tiefgreifende Veränderung basiert auf einer Krise, doch Sanierungsfälle nehmen zu, auch bei Sozialunternehmen. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Dietmar Meng, Geschäftsführer:  Krisen sind komplex, verkürzt gesagt: Viele Unternehmen reagieren zu spät. Plötzlich bricht die Liquidität weg oder es fehlt an Schlüsselpersonal. Dann braucht es ein klares Steuerungssystem und oft auch ein Sanierungsgutachten nach IDW S6, um Banken und Gläubiger zu überzeugen. Zahlen allein reichen aber nicht. Es muss parallel gelingen, die Organisation handlungsfähig zu halten, etwa indem Schlüsselpositionen und Nachfolgen gesichert werden. Entscheidend ist zudem, dass Veränderung nicht an der Oberfläche bleibt, sondern in der Organisation ankert und gemeinsam umgesetzt wird.

 

Wir haben mit drei Experten von contec gesprochen (von links): Martin Merkel, Dr. Thomas Müller und Dietmar Meng.

Herr Merkel, welche Akteure wirken in Krisen- und Sanierungsfällen zusammen und worauf kommt es dabei an?
Martin Merkel, Partner, Mitglied der Geschäftsleitung, Bereichsleiter Betriebswirtschaft:  Um Krisen- und Sanierungsfälle zu bewältigen, muss transparent kommuniziert werden und es braucht gegenseitiges Vertrauen. Wir schaffen in Krisenunternehmen betriebswirtschaftliche Transparenz, bauen Reportings und Steuerungsmechanismen auf und übersetzen Maßnahmen in die Praxis. Wir agieren aber auch als Bindeglied: Banken brauchen Verlässlichkeit, Kanzleien sorgen für den rechtlichen Rahmen. Die Finanz- und Rechtslogik gilt es mit der operativen Praxis des Unternehmens zu verbinden, um auf allen Seiten das notwendige Vertrauen zu schaffen. 

Sie sprechen mitunter von „Transformation und Sanierung“ in einem Atemzug. Wo liegen die Unterschiede – und wo die Gemeinsamkeiten?
Dietmar Meng:  In der Transformation geht es häufig darum, ein Geschäftsmodell zukunftssicher zu machen – zum Beispiel durch den Einsatz von KI, ein Thema, das aktuell viele Organisationen bewegt, oder durch Fusionen. In der Sanierung stehen dagegen oft akute Risiken im Raum: Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Die Gemeinsamkeit: Beide Prozesse erfordern Klarheit in den Zahlen und stringente Projektsteuerung. 

Martin Merkel:  … und die Fähigkeit, Menschen mitzunehmen: Eine Sanierung scheitert nicht selten daran, dass das notwendige Personal oder die richtigen Führungskräfte fehlen. Darum arbeiten wir oft mit Interim-Management, das sich in Krisen sehr bewährt hat, um zunächst zu stabilisieren und gleichzeitig Weichen ‚nach vorne‘ zu stellen. Wir unterstützen parallel bei der gezielten Rekrutierung, damit Organisationen auch nachhaltig handlungsfähig bleiben.

„Frühzeitige Transformation ist die beste Sanierungsprävention.“

Dr. Thomas Müller, contec-Geschäftsführer und Leiter conQuaesso Personalberatung
 

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für mittelständische Unternehmen in den nächsten Jahren?
Martin Merkel:  Eine Kernherausforderung ist die Finanzierung von Transformation. Investitionen in Digitalisierung, KI und neue Geschäftsmodelle müssen gestemmt werden, während Margen vielerorts unter Druck stehen.

Dietmar Meng:  Dazu kommt die Fähigkeit, herausfordernde Phasen und Krisenzeiten professionell zu managen. Unternehmen, die robuste Steuerungsmechanismen haben und auf viele Szenarien vorbereitet sind, werden erfolgreicher durch schwierige Zeiten kommen.

Dr. Thomas Müller:  Und schließlich die Menschen. Der Mittelstand wird den Wettlauf um die besten Köpfe nur gewinnen, wenn er attraktive Rahmenbedingungen schafft. Wir sehen unsere Rolle darin, Unternehmen so zu begleiten, dass diese drei Herausforderungen nicht zur Bedrohung, sondern zur Chance werden.

Und zum Abschluss eine Frage in eigener Sache: Herr Dr. Müller, warum engagiert sich contec in unserem Unternehmerverband?
Dr. Thomas Müller:  Jahrzehntelang schon beraten wir Unternehmen und Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft aktiv. Wir erleben und bearbeiten also täglich die Themen, die Sozialunternehmen, aber auch generell mittelständische Unternehmen betreffen; das sind aktuell wirtschaftliche Krisen, Fachkräftemangel, KI, Nachfolgefragen und mehr. In anspruchsvollen Veränderungssituationen sehen wir uns als Sparringspartner für (soziale) Unternehmen, aber auch als Bindeglied für andere Akteure. 

Über contec
contec ist eine führende Unternehmens- und Personalberatung der Gesundheits- und Sozialwirtschaft. Seit über 35 Jahren begleitet und berät sie bundesweit erfolgreich Träger und Einrichtungen bei strategischen, organisatorischen und personalbezogenen Herausforderungen. Sie bearbeitet die Themen, die Sozialunternehmen bewegen – von wirtschaftlichen Krisen und Fachkräftemangel bis hin zu Künstlicher Intelligenz und Nachfolgefragen.

Infos über das Unternehmen

www.contec.de

Kontakt zur Autorin:

Jennifer Middelkamp

Jennifer Middelkamp

Pressesprecherin
Regionalgeschäftsführung Kreise Borken | Kleve